Trainieren, ausruhen, verbessern, wiederholen. Das ist der Traum eines jeden Radfahrers. In der empirischen Welt des Radfahrens entgeht uns hier jedoch etwas. Stattdessen sollte es so heißen: „Trainieren, ausruhen, messen, verbessern, wiederholen.“ Wie man weiß, kann man nichts verbessern, was man nicht gemessen hat. Darum sollten wir alle Vergleichstests durchführen.
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Wir reden hier nicht von langen, mühsamen Testprotokollen, die man nach Tagen noch spürt Es geht auch nicht um Labortests, deren Genauigkeit einen Preis hat und viel Zeit in Anspruch nimmt. Stattdessen kann man, wie Tadej Pogačar’s Team UAE Emirates, einen einfachen dreiminütigen Test durchführen, der wertvolle Daten zu Erschöpfung und Erholung bietet und für den man einfach nur einen Turbo Trainer braucht. Hier ist die schnelle Methode, um 2022 alle Ziele zu erreichen.
EXTERNES UND INTERNES OUTPUT
Die Überwachung der Leistung ist im Radsport so wichtig wie das Training selbst. So sieht es auch Jeroen Swart, Leistungskoordinator bei UAE Team Emirates und Profi mit vielen Jahren wissenschaftlich fundierter Erfahrung im Radsport. „Natürlich wissen die Profis, wie man trainiert,“ sagt er. „Sie fordern sich – manchmal zu sehr.“
So geht es auch vielen Amateurfahrern, die dazu noch den Stress des Arbeitslebens haben. Sie wissen, wie man trainiert, hadern allerdings mit dem feinen Gleichgewicht zwischen Stress und Anpassung. Das ist ein Problem, denn wenn man sich zu sehr fordert und danach nicht erholt, bricht man auf Dauer zusammen. Andererseits erreicht man auch keine Verbesserung, wenn man sich nicht fordert. Das Gleichgewicht kann man nur erreichen, wenn man die Belastung und die Erholung misst.
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Da kommt der SFT (Submaximal Fatigue Test, submaximaler Erschöpfungstest) ins Spiel. Für jene, die sich etwas mit der Welt der Testmethoden auskennen, das ist eine kürzere und vereinfachte Version des LSCT (Lambert Submaximal Cycling Test), geschaffen von Swarts südafrikanischem Landsmann Robert Lambert. Und so geht‘s:
DER SFT-TEST
Der Test ist simpel. Nach einem 10minütigen, selbstgeleiteten Aufwärmen fährt man 3 Min. auf der aktuellen FTP (Functional Threshold Power, leistungsbezogene anaerobe Schwelle), wenn man einen Leistungsmesser oder einen Smart Trainer mit Leistungsfunktion hat. Man kann auch 3 Min. auf Höchstleistung fahren. Wenn man nur anhand der Herzfrequenz trainiert, sollte man 3 Min. am Laktat-Wendepunkt fahren. Allgemein gesagt ist dies die Intensität, die zu einem rapiden Aufbau von Laktat im Blut führt; sie ist auch bekannt als anaerobe Schwelle.
Diese 3 Min. sollten sich wie 17 von 20 auf einer Skala von 6-20 der empfundenen Erschöpfung (RPE, Rate of Perceived Exertion, wobei 6 sehr einfach und 20 das absolute Maximum ist). Wenn man das Gefühl hat, dass die RPE in diesen 3 Min. niedriger ist, kann man auf 110 % der FTP oder dem Äquivalent der Herzfrequenz fahren.
Wenn man die eigene FTP oder die Schwelle nicht kennt, kann man mit einer Leistung beginnen, die man bei dieser RPE schätzungsweise maximal eine Stunde lang halten könnte und diese dann wie beschrieben anpassen. Das wichtigste dabei ist, mit der Durchführung des Tests einheitlich vorzugehen und immer dieselben Werte zu nutzen, und idealerweise auch zur selben Zeit und immer am gleichen Tag.
Schließlich muss man am Ende des Tests die 3 Min. auf einer RPE-Skala bewerten und folgende Frage beantworten: Wie lange hätte ich bei der Leistung weiterfahren können (Zeit bis zu Erschöpfung)?
Es handelt sich um einen kurzen Test, den man wöchentlich durchführen kann, um die Fitness und Erschöpfung konsistent zu überwachen (UAE führt ihn auch wöchentlich durch). Jetzt bleibt noch zu wissen, was man mit den Informationen anfängt.
DIE ERGEBNISSE
Ganz einfach. Wenn ein Sportler sich an die Trainingslast angepasst hat, erwartet er, dass die RPE niedriger ist und die durchschnittliche Herzfrequenz gleich, bzw., wenn er ausgeruht sind, höher für dieselbe Leistung (selbst von einer Woche auf die andere).
„Eine erhöhte Herzfrequenz gegenüber der Leistung mit niedrigem RPE ist ein Zeichen für eine gute Anpassung und eine gute Regenerierung“, sagt Swart. „Über einen Zeitraum von zwei oder drei Monaten sinkt die Herzfrequenz bei dieser Leistung langsam. Somit findet eine Verbesserung des körperlichen Zustands statt, nämlich die Anpassung der Blutgefäße. Dabei sollte man immer daran denken, dass die Schwankungen in der Herzfrequenz von einer Woche auf die nächste nicht auf die Verbesserung des Trainingsstaus hinweisen. Das ist einzig auf Veränderungen im autonomen Nervensystem zurückzuführen.“
Mit anderen Worten, wenn man nach einer kurzen Zeit erschöpft ist, ist die Herzfrequenz wahrscheinlich niedrig und die RPE hoch für dieselbe Leistung. Umgekehrt ist, wenn man ausgeruht ist, die Herzfrequenz reaktionsschnell und hoch bei derselben Leistung und niedriger RPE. Langfristig ist jedoch eine niedrige Herzfrequenz bei derselben Leistung das Ziel.
Während die Fitness besser wird, erhöht sich auch die voraussichtliche Zeit bis zur Erschöpfung.
ANDERE WICHTGE DINGE, DIE SIE NICHT VERGESSEN SOLLTEN
Über den SFT hinaus nutzen die Coaches von UAE weitere einfache Arten, um die Erschöpfung und Fitness ihrer Fahrer zu testen. Manche von ihnen können auch Sie in Ihr Programm einbauen.
„Wir unternehmen jede Woche selbstgemeldete Messungen“, erklärt Swart. „Und zwar das selbst gemeldete allgemeine Wohlbefinden, Erschöpfung, Schlaf, Stress und Stimmung. Stimmung ist ein wichtiger Indikator für Erschöpfung. Erschöpfte Sportler haben eher schlechte Laune.“
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UAE Team Emirates zeichnet ebenfalls die tägliche Herzfrequenzvariabilität (Heart Rate Variability, HRV) auf, um Stress und Erschöpfung zu messen. (Über diesen Linkerfahren Sie mehr über HRV-Training). Es kann natürlich sein, dass das für einen Amateurfahrer ohne Team, das einen bei der Analyse der Resultate unterstützt, zu viel des Guten ist. Wenn man allerdings einen Coach hat, kann man das schon zur Sprache bringen.
Das wichtigste ist am Ende doch der Plan: Trainieren, Erholen, Testen und Wiederholen. Eine einfache Formel für Fortschritte.